Prolog:
40 Jahre habe ich den Motorradführerschein, fahren tue ich schon länger😊
Mein Vater fuhr damals eine R75/6 in Nürburgring Grün, für mich als Jungspund viel zu bieder.
Mein Onkel verkaufte zur selben Zeit seine alte Harley E-Glide. Komplett runtergerockt, war Fahrer und selten nur Pfleger. Geld war knapp und mein Vater gab mir eine kleine Finanzspritze. Bald stand die Kiste daheim. Ledertaschen mit Fransen, ausgebleicht und bemitleidenswert. Eigentlich war das ganze Bike so. Gleichaltrige fuhren Kawa GPZ 1100 und lachten mich aus. Ich hatte einen E-Starter und eine kaum nennenswerte Bremse. Bremsen war auch nicht zwingend notwendig. Gashahn zu und die Fuhre stand. Ständig war was kaputt, zu Weihnachten wünschte ich mir von den Eltern keine Daunenjacke, sondern einen zölligen Werkzeugsatz. Freunde die Mechaniker lernten, lernten mit mir die Amerikanerin näher kennen. Irgendwann fand ich auf einen Teilemarkt Koffer für mein Schätzchen. Ein anderer Freund der gerade Lackierer lernte, hat mir die Köfferchen passend gemacht. So war es halt damals. Das Wort „Customizing“ war noch weitgehend unbekannt. Eine Doppelfanfare schraubte ich auch irgendwann dran. Alles was ich fand, fand sich bald auf der E-Glide wieder. Hatte quasi eine „rolling Restauration“. Aus heutiger Sicht, eine Hassliebe!
Warum erzähle ich euch das?
Weil ich vor ein paar Wochen eine größere Tour gefahren bin, ohne eine tourentaugliche Maschine zu besitzen. Habe mir innerhalb von zwei Tagen meine Indian FTR tourentauglich gemacht, eine Notlösung quasi. Da stand ich nun in der Garage, lauter geile Geräte vor mir, keine echt brauchbar „für’s Grobe“!
Dann erinnerte ich mich an meine Jugend (siehe oben) und habe einen neuen Plan gefasst!
Nicht noch ein Bike kaufen, umbauen und dann quasi für die Sonntagsausfahrt nutzen. Nein, ein Arbeitstier muss her! Ein wandelbares Bike, vielseitig und doch tageslichttauglich. Koffer/Taschen/Windschild dran, wenn ich es brauche, ansonsten alles runter und minimalistisch unterwegs sein. Mal Ape dran, dann mal einen Beach Bar Lenker, mal das 19er Vorderrad, dann mal das fette 16er im Bobber Style. Mal schwarze Reifen, mal Weißwand. Lange Rede, langer Sinn – ich brauch noch eine R18 um (m)ein „rolling customizing“ Projekt zu starten…
Werde mich mal auf die Suche machen….
Zack, und auch schon eine gefunden
Internet sei Dank! Keine 30 Kilometer entfernt verkaufte ein alter Vespa Fahrer seine R18FE. Er kam damit kaum zurecht, deshalb der Verkauf. EZ 05/21 und gerade mal 650 KM am Tacho. Mit zunehmenden Alter werde ich bequem. Habe gar nicht weiter gesucht, auch beim Preis kaum verhandelt. 2 Espresso später waren wir uns einig. Extras: nur Rückfahrhilfe und Griffheizung, glaube das war's schon. Weitere 2 Stunden später stand ich mit Rosen vor meiner Frau, brauchte ja ein Taxi und eine Stunde später fuhr ich Richtung Heimat. Natürlich war der Tank fast leer, die Reifen mit zu wenig Druck und der "Service fällig" Hinweis begleitete mich. Auf einem kurzen Stück Autobahn ertappte ich mich selber mit Tempo 150 und erinnerte mich an den noch jungfräulichen Kilometerstand und machte den Hahn gleich zu.
Zu Hause angekommen ging ich gleich mal in mein persönliches "Teilelager". Harley und Triumph Teile "en masse" und ganz hinten im Regal BMW Schachteln gesichtet. Säuberlich beschriftet, so kenne ich mich eigentlich gar nicht, fand ich einige Sachen noch vom Umbau meiner ersten R18. Roland Sands Teile für die Heldenbrust und die Zylinderhauben und auch noch zwei Schilder, die ich doppelt habe mir anfertigen lassen. Hatte scheinbar damals schon eine Vorahnung.
Mittlerweile war es Abend geworden und die Teile wollten unbedingt noch ans Gerät, sonst hätte ich ganz sicher schlecht schlafen können
Meine Frau schüttelte den Kopf, versorgte mich aber mit einer kalten Flasche Moet in der Garage!
Morgen werde ich sie mal putzen (die R18 - nicht meine Frau) und dabei nachdenken wohin die Reise geht!
Im ersten Bild seht ihr meine "Eisdielen-R18" daneben meine Neuerwerbung!
Hoffentlich habe ich euch nicht gelangweilt mit meiner Alltagsgeschichte!
Liebe Grüße,
Willi